....sollte auf jedenfall meinen Blog bereichern.
Und da ich schon so viel über den Streik bei der SDirekt berichtet habe, kommt mir folgende Streikballade ganz recht.
Geschrieben hat diese Heidrun Johanna Härtling als künstlerische Motivation für alle Streiker.
Sie ist von Beruf Schauwerbegestalterin.
Im September 2011 erschienen im Projekte-Verlag Halle ihre ersten zwei
Bücher in Taschenbuchformat:
"Geliebter Lurch" und
"Wie eine Feste steht der Raps im Feld"
Es sind zwei Gedichtbände, die unter anderem über den Projekte-Verlag,
im Internet über Amazon oder über sie persönlich erhältlich sind.
Schauen Sie doch einfach auf ihre Internetseite und Sie werden sehen, daß es dort noch weitere interessante Angebote gibt:
www.robinie-gedichtgeschenk.de
Vielen Dank an Heidrun Johanna Härtling, daß ich an dieser Stelle ihre Streikballade veröffentlichen darf!
Streikballade
*
ein poetischer Spaß
von Heidrun Johanna Härtling
*
Wenn der Morgen sich rötet
wird von fern schon getrötet,
doch dann gießt's wie aus Kannen
und sie stieben vondannen,
hinein ins Gebäude.
Ach, welch eine Freude,
da sitzen schon zwei aus der Streikbrigade
und beißen in Pfannkuchen mit Marmelade.
*
Sie kämpfen und streiken,
nicht, dass sie schweigen,
sie lachen sehr laut
und tun so vertraut.
Sie warten und sitzen
und weil sie so schwitzen
wird Kaffee getrunken,
und sich zugewunken,
*
Sie streiken dafür, dass jeder mehr Geld
und auf jeden Fall auch mehr Urlaub erhält.
Sie werden sich wehren,
zusammengehören,
und wollen sich weigern,
die Kaufkraft zu steigern.
Wenn das Streikmotto aufweicht
und der Lohn sich nicht angleicht
wird der Streikort vermessen
und die Zeit ausgesessen.
*
Sie sitzen, wenn sie sich sammeln, auf Stühlen
und beginnen in ihren Leben zu wühlen.
Und die Frauen, sie schwatzen
über Kinder und Katzen
und wie's ist mit dem Waschen
und mit den Männern, den Flaschen.
Und sie quälen die Tröten
und zählen die Kröten,
die sie heute gewinnen,
wenn sie zeitig beginnen.
*
Und die Männer berichten
von Räubergeschichten
und erzähl'n, was sie können,
und dass sie sich trennen
von ihren Frauen,
die nur QVC schauen.
Zwei Kleinkinder sitzen
mit krapproten Mützen
ihren Vätern im Nacken
und schlagen die Hacken
Papa in die Brust
und jauchzen vor Lust.
*
Sie kann es nicht lassen.
Den Streik zu verpassen
wäre Frevel vorm Herrn.
Und sie kommt ja auch gern …
Vor kurzem dem Kinde das Leben geschenkt,
schon mitgebracht und im Arme versenkt.
Es schreit wie am Spieß,
denn der Lärm ist so fies,
und der Vater daneben
muß Schnullerchen geben.
Und es kriegt seinen Willen.
Gleich wird sie es stillen.
*
Die heut knuffen und schweigen
woll'n morgen auch lieber streiken,
denn da gibt es Kaffee
oder Pfefferminztee.
Einer bringt mit sechs Stiegen
fast den Streik zum Erliegen,
weil die Brezeln so duften.
Und wenn sie schon schuften,
dann nehm' sie zu dritt
noch sechs Pfannkuchen mit!
Wird viel Zucker verstreut,
Gibt 'nen Fleck auf dem Kleid.
Einer tropft Marmelade
direkt auf die Wade.
*
Der Kaffee fließt in Mengen,
man brüht in drei Gängen.
Auf die folierten Westen
Sprühn sie Sprüche vom besten.
Befähigte malen auf Schildern von Pappe –
Sie nutzen's als Transparent-Attrappe.
*
Übers Mikrofon schaut er,
das Getröte wird lauter.
Gibt Erfreuliches kund
und sie klatschen sich wund.
Sie schwenken die Fahnen
und ziehn ihre Bahnen
und schrein unter Gejohle
die Parole: „Mehr Kohle!"
*
Und der Fähnchenkonvoi rollt gemächlich durch Halle
Und endet wahrscheinlich auf der Bannmeile „Malle".
Das Tröten wird leiser,
der Tröter ist heiser.
Und wenn man sich ver-galoppiert beim Tröten
Geht möglicherweise das Trommelfell flöten.
*
Und sie recken die Glieder,
das Tröten kehrt wieder.
Es wird so lang getrötet,
bis der Chef wieder redet.
Dann erzählt er Geschichten,
wird vom Streikstand berichten,
verliest grüne Listen,
wen sie wieder entfristen,
spricht von Telefonaten,
die zum Widerstand raten,
wem die Streikwelle nützt,
wer den Kampf unterstützt.
*
Sie jubeln und schreien
wenn Redner reinschneien
und sie agitieren,
Streik weiterzuführen.
Und weil sie sie loben:
„Ihr zeigt's denen oben !"
Dem einen entweicht:
„Ihr habt's fast erreicht!"
Ein andrer bekennt:
„Ihr kriegt fünfzehn Prozent!"
Sie kommen in Scharen
von weither gefahren,
um den Kampf anzufachen
und drüber zu wachen,
dass die Streikwelle rollt
bis das Volk tobt und tollt.
Ja, sie komm' aus dem Westen,
sie kenn' sich am besten
aus mit dem Streiken –
sie werden's uns zeigen.
*
Und die klatschende Masse
der direkt-Sparkasse
wird mit Honig bekleistert.
Und sie sind so begeistert!
Doch am Wochenende
sind gebunden die Hände.
Da wird zu Hause gestreikt,
und der Kochtopf, er schweigt.
Der neue E-Herd, der geile,
übt sich in Langeweile.
Als einziges Möbel in dem Geviert
wird die Couch den ganzen Tag malträtiert.
*
Mit jedem Tag wird der Streikpegel lauter,
die Stimmung vergnügter, der Streikort vertrauter.
Der Wille zum Kampf steigt mit jeder Minute.
Doch, wie hieß gleich das Ziel? Nicht so wichtig, meine Gute!
Der Weg ist das Ziel. Somit wird's nicht verfehlt.
Wir brauchen auch keinen, der die Tage mitzählt.
*
Und zum guten Schlusse
erscheinen zwei Busse
und laden sie ein
auf ein Gläschen Wein
in's Wirtshaus „ Zum Spessard",
doch der Wein schmeckt verwässert
vom Weingut Franz Schweiger.
Gut genug für die Streiker …
Die Stimmung muß halten bis zum nächsten Morgen,
dann wird man sie wieder mit Brezeln versorgen
und duftender Kaffee steht immer bereit,
der sichert den Streik bis zur Weihnachtszeit.
*
Und so streiken sie weiter,
ob's regnet, ob's heiter,
ob's stürmt oder schneit,
ob allein, ob zu zweit,
und sie hören erst auf, damit ihr es wisst,
wenn am Ende mehr Geld in der Lohntüte ist!